28. April 2025 | NATIVES
Die greifbare Konsumentin

Crossmediale Kampagnen optimieren durch messbare Customer Journeys
(Bielefeld, 28. April 2025) „Die Kooperation zwischen dem Marketing Club Ostwestfalen-Lippe und dem Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher ist mittlerweile eine liebgewonnene Tradition“, stellt Dr. Ingo Sander, Leiter der Regionalgruppe Bielefeld-Osnabrück-Münster des BVM bei der Begrüßung fest. Mittlerweile ist es die zehnte Auflage – ein Jubiläum. Der Abend steht unter der Fragestellung: Was wirkt wo? „Genau diese Frage treibt alle Marketing-Leute um“, sagt MC-Programmplanerin Kristina Herrmann und freut sich auf eine spannende Veranstaltung.
Die Referenten des Abends sind Sophia Rünzel, Deputy Director Analytics bei Annalect (Omnicon Media Group), und Dr. Peter Ludwig, Director Research Consulting. Sie stellen ihre preisgekrönte Studie „Die nicht greifbare Konsumentin“ vor, die bei den Real Impact Awards 2024 der Fachzeitschrift HORIZONT ausgezeichnet wurde. Sie wurde von Annalect Germany in Zusammenarbeit mit der Omnicom Media Group durchgeführt. Die Studie untersucht die Herausforderungen der Werbewirkung in digitalen Plattformen, insbesondere in sogenannten „Walled Gardens“ wie Facebook, Instagram und YouTube. Dabei werden die Grenzen der Messbarkeit und Transparenz in diesen geschlossenen Systemen analysiert.
„Die Customer Journey wird nicht zuletzt durch die veränderte Mediennutzung immer individueller“, sagt Sophia Rünzel mit Blick auf die Herausforderungen für das Marketing. „Wir haben das Internet dank mobiler Endgeräte immer in der Tasche, damit steigt nicht nur die Fragmentierung der Medien, sondern auch die zeitliche Fragmentierung.“ In der Summe wird es damit schwieriger, die Werbewirkung zu messen.
Der Impact entscheidet
Die Forschenden gehen bei ihrem Ansatz von einem Wirkungsmodell aus: Markenkontakte sowie Wahrnehmung und Verarbeitung führen letztlich zur Markenbindung. Markenkontakte können digital sein, TV-Werbung, aber auch ein Schaufenster oder der Kontakt mit einer Hotline und – ganz wichtig – persönliche Empfehlungen. Es geht aber nicht darum, lediglich die Reichweite zu messen (Reach Module), relevant ist der Impact. Nur Werbung, die wahrgenommen und in Erinnerung bleibt, führt zu einer stärkeren Markenbindung. „Dazu müssen wir verstehen, was im Menschen los ist“, erklärt Dr. Peter Ludwig. Dem Impact-Modul kommt in dem Ansatz der Forschenden eine hohe Bedeutung zu. Die Forschenden arbeiten mit Panelisten. Das Panel ist eine konstant bleibende Auswahl von Personen oder Unternehmen, die über einen größeren Zeitraum hinweg zu gleichbleibenden marktforschungsrelevanten Fragen interviewt werden.
Neben der Reichweite wird durch Modulierung auch die Erlebnisqualität gemessen. Und so können Berechnungen zur Veränderung der Funnel-Position angestellt werden. Das Bahnbrechende ist, dass die Modellierung des Touchpoints bei demselben Panelist abgefragt werden kann. Wie war in der Vergangenheit dein Verhältnis zur Marke und in einem zweiten Schritt: Wie ist es aktuell? Die Modellierung zeigt, welche Touchpoints für die Markenbindung verantwortlich sind. Das von den Forschenden genannte Reach-Modell ist in der Lage, diese Kette nachzuzeichnen. Denn alle Kanäle sind technisch messbar.
Was ist neu?
Die Studie schafft eine vergleichbare Datenbasis zwischen offenen Medienumfeldern (z. B. TV, Online Display) und geschlossenen Systemen wie YouTube, Meta & Co. Der Ansatz nutzt ein standardisiertes Modell (Impact-Modul) zur Wirkungsanalyse, das auf eine Vielzahl von Kanälen anwendbar ist. So wird die subjektive Bewertung durch Plattform-eigene KPIs (z. B. „Engagement Rate“) ersetzt durch objektive, vergleichbare Wirkungskriterien. Dadurch ist auch ein valider Kanalvergleich möglich – was bisher durch unterschiedliche Metriken kaum machbar war. Die Trennung in Reach-Modul, Impact-Modul und Optimierungs-Tool macht den Ansatz anpassbar an individuelle Fragestellungen, Märkte und Zielgruppen. So können Unternehmen beispielsweise nur das Impact-Modul nutzen, wenn bereits verlässliche Daten in puncto Reichweite vorliegen. Ein weiterer USP ist die „Single Source“. Weil immer dieselbe Person befragt wird, lässt sich anhand der Funnel-Stufen ablesen, was sich in der Beziehung zu der Marke verändert.
Für Marketing-Leute ist sicherlich die integrierte Budgetempfehlung auf Wirkungsebene von hohem Interesse. Statt nur Reichweite zu optimieren, wird das Werbebudget auf Basis der tatsächlichen Wirkung und nicht nur Sichtbarkeit oder Klicks gesteuert. Das führt zu effizienteren Budgetentscheidungen und verbessert den ROI – oder besser den ROTI, den Return in Touchpoint Invest – von Kampagnen. Das ist besonders wichtig für Marken, die nicht nur Performance-Ziele, sondern auch Brand Building verfolgen.
Effektive Budgetsteuerung
„Wir können nun Werbewirkungszusammenhänge besser verstehen und damit die Kampagnensteuerung optimieren“, resümieren die Forschenden. Es gibt zwei Betrachtungsebenen: Auf der Markenebene lässt sich beobachten, welche einzelnen Touchpoints zum Erfolg der Marke geführt haben. Und auf der Touchpoint-Ebene wird deutlich, was im Menschen bei welchem Kontakt passiert. Ganz klar: Werbung muss zuallererst wahrgenommen werden. Das ist für den Funnel-Uplift entscheidend. Die Marke muss präsent sein. Eine positive Erlebnisqualität verbessert die Wirkung. Eindrücklichkeit, persönliche Relevanz der Botschaft, Anzahl der angesprochenen Sinne (z. B. Sehen und Hören) bzw. die Kombination der Sinne können die Erlebnisqualität verbessern. Aber auch der Preis oder Rabatt- und Coupon-Aktionen führen dazu, dass die Marke positiv wahrgenommen und im Gedächtnis bleibt.
Je nach Zielgruppe, Marke, Funnel-Stufe sind unterschiedliche Touchpoints wirksam. Und dabei ist für so manche Branche immer noch das Regal im Markt entscheidend. Aber Effizienz allein reicht nicht. Es braucht effektive Medien. Und dazu ist häufig auch ein gewisses Budget vonnöten, um den Trichter groß genug zu halten, damit unten ausreichend ankommt.
Nach wie vor hat TV eine große Reichweite – auch bei jüngeren Zielgruppen. Aber – und das ist letztlich das Learning des Abends – man muss den richtigen Medien-Mix für die definierte Zielgruppe und Branche finden. Weil nun einzelne Touchpoints in ihrer Effektivität für die Werbewirksamkeit genau gemessen werden können, fällt es leichter, die erfolgversprechenden Kanäle herauszufiltern und optimal zu kombinieren. Das zeigen die Forschenden anhand von Fallbeispielen aus den Bereichen Lebensmitteleinzelhandel, Shampoo und Bankenwesen.
Der Vortrag bot spannende Einblicke in die Steuerung und Optimierung crossmedialer Werbekampagnen und zeigte, wie ein smarter Einsatz des Marketingbudgets die Werbewirkung steigert. Viel Stoff für eine Fragerunde und ein lebhaftes Get-together mit Fingerfood und kühlen Getränken.
Text: Eike Birck
Fotos: Sarah Jonek

















































